Schreibaby: Hilfe, was kann ich tun?

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Für junge Eltern kann sich die Situation mit einem Schreibaby zum reinen Horror auswachsen. Statt inniger Momente mit dem neuen Familienmitglied, bestehen Tage und Nächte aus Stress. Das Baby schreit und schreit und schreit. Nichts scheint es trösten zu können.

Jutta Baur

Die verzweifelten Eltern sind am Ende ihrer Kräfte. Wege aus dem Dilemma zeigen sogenannte „Schreiambulanzen“. Dort wird Kindern und Eltern gleichermaßen geholfen.

Für Alex und Sarah war ihre kleine Tochter ein Wunschkind. Mit dem Anspruch alles richtig zu machen, hatte sich das zukünftige Elternpaar schon während der Schwangerschaft intensiv auf den Nachwuchs vorbereitet. Doch nun ist alles anders.
„Ich bin völlig ratlos“, erzählt Sarah. „Die Kleine kommt einfach nie zur Ruhe. Wenn sie einmal anfängt zu brüllen, gibt es nichts, womit ich sie beruhigen kann. Ich habe das Gefühl, dass meine Bemühungen die Sache nur noch schlimmer machen. Als gute Mutter müsste ich doch wissen, was ihr fehlt. Ich möchte meinem Kind ja gerne helfen. Aber manchmal will ich einfach nur weglaufen.“
 

Was mache ich nur falsch?

Für viele Eltern erweist sich die Geschichte, dass Babys die meiste Zeit schlafen, als reines Märchen. Etwa ein Fünftel der Säuglinge neigen zu exzessivem Schreien in den ersten Lebensmonaten. Diese Säuglinge werden Schreibabys oder auch Schreikinder genannt.
Für die Eltern ist dies Stress pur. Neben den Belastungen durch die Geräuschkulisse, fühlen sie sich häufig mitschuldig an der Not ihres Babys. Das Geschrei passt nur schwerlich in das Bild einer perfekten Mutter, das heutzutage üblich ist. Genau an dieser Stelle setzt ein wichtiger Aspekt der Unterstützung ein. Eltern, besonders Mütter, sind zutiefst verunsichert. Sie geben sich häufig die Schuld am Schreien ihres Kindes. Sie fühlen sich unfähig, richtig auf ihren Säugling zu reagieren. Dass dies in der Regel nicht so ist, macht einen Teil der Hilfen in Schreiambulanzen aus. Oft bedeutet diese Erkenntnis schon eine große Erleichterung für die Eltern.
 

Warum schreit mein Baby immerzu?

Ein Säugling hat in den ersten Monaten nur eine einzige Möglichkeit, um zu zeigen, dass es müde ist, Hunger hat, Aufmerksamkeit braucht oder das Bäuchlein kneift: Es schreit. Evolutionär gesehen, hat dieses Schreien eine Art von Aufforderungscharakter. Für die Eltern ist es ein Zeichen, sich dem Kind zuzuwenden. Schwierig wird es allerdings, wenn Eltern mit ihren Möglichkeiten am Ende sind und das Baby weiter weint. Die Gründe dafür sind wissenschaftlich nur wenig geklärt. Es gibt verschiedene Erkenntnisse, die jedoch nicht mehr als Hinweise sind. Manche Babys schreien, obwohl keine der bekannten Ursachen vorliegt.

Bis vor wenigen Jahren machte man die sogenannten „Dreimonatskoliken“ als Ursache für die kindlichen Schreiattacken verantwortlich. Dies war gut nachzuvollziehen, weil die meisten der Schreibabys einen spürbar angespannten Leib hatten. Heute weiß man, dass der Blähbauch nicht die Ursache, sondern die Folge des Schreiens ist. Durch das Plärren schlucken die Kleinen viel Luft, was dann zum Bauchweh führt.

Inzwischen gehen Mediziner und Psychologen davon aus, dass es sich beim Phänomen des übermäßigen Schreiens um Regulationsschwierigkeiten handelt. Jedem Neugeborenen fällt es anfangs schwer, sich in der neuen Umwelt zurechtzufinden. Während der Schwangerschaft war sein Rhythmus durch den der Mutter bestimmt. Nach der Geburt muss der Säugling mit vielerlei Außenreizen alleine fertig werden. Nicht nur die Schlaf-Wachfolgen wollen gefunden werden. Auch der Temperaturhaushalt des kleinen Körpers oder die Immunabwehr muss das Kind nun selbständig regeln. Das erfordert ein hohes Maß an Anpassung. Einige Säuglinge haben damit mehr Probleme als andere. Bestärkt wird diese Annahme dadurch, dass Babys am frühen Abend deutlich häufiger Schreien. Der Übergang vom Tag zur Nacht fällt den Kindern besonders schwer.

Eine weitere Beobachtung von Fachleuten ergab, dass stressreiche Schwangerschaften ebenfall gehäuft zu Schreibabys führen. Möglicherweise erhöht sich das Belastungspotenzial bereits im Mutterleib. Darüber hinaus sind es oftmals Erst- oder Frühgeborene, die zu exzessivem Schreien neigen. Allerdings gibt es auch jede Menge Fälle, in denen kein einziger dieser Aspekte zum Tragen kommt. Dort liegen die Ursachen völlig im Dunkeln.
 

Wann kann eine Schreiambulanz helfen?

Auch wenn der Begriff „Schreibaby“ nicht allgemeingültig definiert ist, halten sich Fachleute häufig an die „Dreier-Regel“, wenn es um die Unterscheidung zwischen normalem und unverhältnismäßig häufigem Schreien geht. Brüllt ein Kind insgesamt drei Stunden täglich an drei Tagen je Woche und dies über eine Dauer von mehr als drei Wochen, kann von einem Schreibaby gesprochen werden. Viele Schreiambulanzen sehen das Thema weitaus subjektiver. Alle Eltern, die durch das Schreiverhalten ihres Nachwuchses erschöpft sind, werden beraten.

Eine gute Schreibambulanz wird immer die Bedürfnisse der Babys und Eltern gleichermaßen berücksichtigen. So kann ein körperorientierter Ansatz den Kleinen zur Ruhe verhelfen. Auch ein genaues Überdenken des Alltags und gegebenenfalls die Änderung von Gewohnheiten ist hilfreich. Für die Eltern sollte ein Ausgleich zur belastenden Situation geschaffen werden. Ein Abbau der nervlichen Anspannung, die ein Schreibaby verursachen kann, hilft letztlich auch dem Säugling.
 

Wie kann ich mein Schreibaby beruhigen?

  • Lassen Sie sich helfen! Ein schreiendes Kind macht nervös. Das ist nicht normal. Bevor Sie jedoch ans Ende Ihrer Kräfte gelangen, sollten Sie jemanden bitten, Sie für einige Zeit zu entlasten. Eine halbe Stunde spazieren gehen, gibt Ihnen die Möglichkeit wieder „runter“ zu kommen. Auch Mütter haben das Recht auf Unterstützung.
  • Achten Sie darauf, Ihr Kind nicht zu überreizen. Geben Sie ihm Gelegenheit, auch Zeiten ohne äußere Einflüsse zu verbringen.
  • Wiegen Sie in ruhigen Zeiten Ihr Kind im Arm und singen Sie dazu leise ein Lied. Während der Schreiphasen kann dieses, für das Kind bekannte Ritual, einen Effekt der Beruhigung bringen.
  • Brummen Sie. Es mag sich seltsam anhören, aber viele Eltern haben damit gute Erfahrungen gemacht. Lassen Sie einen Brummton, wie ein Bär, aus der Tiefe Ihres Bauchens gleichmäßig, leise ertönen, während Sie das Baby halten. Ob es die Vibrationen des mütterlichen Körpers oder der Ton selbst ist, der dem Säugling gut tut, ist nicht klar. Einen Versuch ist es wert.
  • Verfallen Sie nicht in Aktionismus, wenn ihr Kind nicht aufhören will zu schreien. Eine weitere Reizüberflutung wäre kontraproduktiv.

 

Wie finde ich eine Schreiambulanz in der Nähe?

Mittlerweile gibt es sie in fast allen Städten. Entsprechende Anlaufstellen in Ihrer Nähe finden Sie beispielsweise auf der Seite der Gesellschaft für seelische Gesundheit in der frühen Kindheit www.gaimh.org oder unter www.schreibabyambulanz.info
 

Weiteren Lesestoff zum Thema Schreibaby gibt es im Buch:
“So beruhige ich mein Baby – Tipps aus der Schreiambulanz” von Dr. Christine Rankl, erschienen im Patmos Verlag